WiSo gehört ab dem 1. Oktober der Vergangenheit an – Fakultäten werden "Zusammengelegt"

In der gestrigen Sitzung hat der Senat der Universität beschlossen, die elf Fakultäten zu fünf Fakultäten zusammen zu schließen. Am 1. Oktober 2007 hört damit die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät 46 Jahre und 6 Monate nach ihrer Gründung auf zu existieren. Was bleibt sind die Erinnerung und gemischte Gefühle für die Zukunft.

Das Erstaunen war groß. Nachdem ich schon zwei Semester an der WiSo-Fakultät im Fachbereichsrat war, bin ich es gewohnt in einer Abstimmung zu unterliegen. Aber das hat mir wirklich einen Schlag versetzt, als der Rektor Professor Dr. Karl-Dieter Grüske das Abstimmungsergebnis bekannt gab: 15 : 12 Senatoren stimmten für die Zusammenlegung der drei Naturwissenschaftlichen Fakultäten, der beiden Philosophischen Fakultäten mit der Theologischen und der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät sowie der WiSo mit der Juristischen Fakultät.

Und so sieht die zukünftige Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg aus:

  1. Medizinische Fakultät
  2. Technische Fakultät
  3. Naturwissenschaftliche Fakultät umfasst
    • ehem. Naturwissenschaftliche Fakultät I
    • ehem. Naturwissenschaftliche Fakultät II
    • ehem. Naturwissenschaftliche Fakultät III
  4. Philosophische Fakultät mit Fachbereich Theologie umfasst
    • ehem. Erziehungswissenschaftliche Fakultät
    • ehem. Philosophische Fakultät I
    • ehem. Philosophische Fakultät II
    • ehem. Theologische Fakultät
  5. Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät umfasst
    • ehem. Juristische Fakultät
    • ehem. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät

In meiner Magenkuhle fand ein ganzer Reichsparteitag statt. Jetzt war es passiert. Die WiSo würde aufhören zu existieren, die Sozialwissenschaften fallen zunächst aus den Namen der neuen Fakultät, später werden sie ganz eingestellt werden (letzter Satzteil ist reine Spekulation, aber mal ehrlich: wer glaubt schon an einen Fortbestand der Sozialwissenschaften in Nürnberg?).

So wird nun der Rektor, auf Grundlage des Senatsbeschlusses, den Hochschulminister Dr. Thomas Goppel bitten, die Fakultäten entsprechend neu zu gliedern. So neigt sich, wie in Schuberts 8. Symphonie eine Melodie in Tragik dem Ende zu, bleibt aber im ganzen doch unvollendet.

Neue Grundordnung
Im Anschluss an die Senatssitzung tagte der Erweiterte Senat der Universität und beschloss mit der überwältigenden Mehrheit von 27 : 19 Stimmen (formal reicht’s aus, 25 ja-Stimmen waren erforderlich) eine neue Grundordnung. Der Rektor nennt das Ergebnis ein „Historisches Ereignis“. Im Anschluss gibt’s Sekt, wie in Brüssel.

Zuvor hat der Erweiterte Senat jedoch mit 19 : 27 Stimmen den Entwurf der Grundordnung der Hochschulleitung abgelehnt, in welchem die Dekane gleichzeitig zu Vizepräsidenten der Hochschule geworden wären. Nach dem Angenommenen Entwurf der Grundordnung, ist das nicht der Fall.

Der Zukünftige Senat
So wird der Zukünftige Senat aus dem

  1. dem Präsidenten,
  2. dem Kanzler,
  3. drei Vizepräsidenten,
  4. fünf Senatoren aus der Reihe der Professoren,
  5. einem Senator aus der Reihe der künstlichen und wissenschaftlichen Mitarbeiter,
  6. zwei Senatoren (von denen nur einer stimmberechtigt ist) aus der Reihe der Studierenden und
  7. einem Senator aus der Reihe der sonstigen Mitarbeiter

bestehen.

Der Studentische Senator soll dabei nicht von den Studierenden direkt, sondern vom Studentischen Konvent gewählt werden. Der zweite Studentische Senator, der kein Stimmrecht besitzen soll, erklärt sich aus der Tatsache, dass bei einem viersemestrigen Master- und einem sechssemestrigen Bachelor-Studium, sich diesen Job wohl zwei teilen müssen, wenn sie überhaupt daran denken, neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Senator, noch ordentlich studieren zu wollen.

Sonstige Änderungen
Die Lehrstühle und Professuren sollen zu Departments zusammengefasst werden, die sich einen Direktor als Vorstand wählen. Dieser Vertritt das Department im Fakultätsvorstand. Es ist zwar den Studierendenvertretern gelungen, hier eine Passage mit in die Grundordnung einzufügen, die besagt, dass die Studierenden auf der Ebene der Departments „zu hören sind, soweit es ihre Angelegenheiten betrifft“, aber es wird wohl eher selten der Fall sein, dass die werten Professoren die Studierenden in ihre Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Das mag an anderen Fakultäten, wo Professoren untereinander wie auch mit den Studierenden ein gutes Verhältnis pflegen, als bei uns an der WiSo, schon der Fall sein. Ich habe gehört, dass es bei uns Fakultäten gibt, an denen auf die Studentische Meinung sogar wert gelegt wird. Wir befürchten aber für die Studierenden an der zukünftigen Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, dass die Studierenden letztendlich erst dann im Fakultätsrat zu Wort kommen, wenn die Professoren in den Departments und dem Fakultätsvorstand sich bereits auf Konzepte, Entschließungen und Vorgehen geeinigt haben, so dass die Studierenden mit ihren „Stimmchen“ keinen Einfluss mehr ausüben können. So geschehen im der Bachelorkommission der WiSo-Fakultät.

Nun ja, vielleicht ist es ja auch so, dass die Mehrzahl der Studierenden zukünftig die studentische Mitsprache, wie die Bayerische Verfassung sie vorsieht, überhaupt nicht mehr wollen. Vielleicht glauben ja einige, dass sie aufgrund der 585 EUR Studiengebühren, auf der individuellen Argumentationsebene etwas bewirken in dem sie drohen von ihren „Kundenrecht“ gebrauch zu machen und andernorts zu studieren. Es kann natürlich auch sein, dass diejenigen die sich derzeit engagieren, die Studentische Mitsprache, so wie der Autor der Bayerischen Verfassung (Wilhelm Högner) einfach nur überbewerten. Vielleicht sind wir Studierendenvertreter einfach nicht mehr gefragt – und wir nehmen uns einfach nur zu wichtig …?

Bestimmt hat der Rektor recht, wenn er nach der Abstimmung gestern sagte: „Dieser Moment sei ein historisches Ereignis – wir sind auf dem Richtigen weg.“ Vielleicht hat er ja recht – er ist immer hin ja Professor.

Senator Michael Greger

12 Antworten auf „WiSo gehört ab dem 1. Oktober der Vergangenheit an – Fakultäten werden "Zusammengelegt"“

  1. Irgendwie lustig bei den von dir genannten Abstimmungsergebnissen: Die erste FAU-Pressemitteilung („Einladung zum Pressegespräch“) behauptet, der Entwurf sei im erweiterten Senat „mit großerer Mehrheit“ beschlossen worden; verzerrte Wahrnehmung wohl. In der zweiten PE ist es nur noch ein „mehrheitlich beschlossen“.
    Aber wie schon mal ein Bundeskanzler feststellte: „Mehrheit ist Mehrheit“.

  2. Nun ja, muss zugeben, dass der Artikel bereits stark relativiert ist. Ich hatte auf der fsi-homepage einen viel zynischeren Artikel geschrieben. Jedoch habe ich mich dann besonnen – ich kann ja nicht über meine eigene Universität so viel böses schreiben, wie ich wirklich empfinde.

    So bleibt mir nur die Hoffung, dass die Ironie zwischen den Zeilen erkannt wird. Es lebe die Anpassung – immerhin sind wir gesundes Mittelmaß.

  3. frag doch mal wie es den phil fak leuten geht… wir sind genauso glücklich über diese „grandiose“ idee. aber he, ich will nicht zu skeptisch sein. vllt ist es ja auch die beste idee, die es in der menschheitsgeschichte gab. oh man.

  4. und worin bestehen nun die effektiven nachteile, bzw. befürchtungen, die sich daraus ergeben können/werden. (keine rhetorische frage; echtes interesse)?

  5. Nachteile der Reform könnten sein:
    – Die neuen Fakultäten werden teils riesengroß (die PhilFak hat künftig knapp 9.000 Studierende)
    – Bei den Fakultäten mit Standorten in Nürnberg und Erlangen (WiJu und Phil) ist entweder an einem Standort keine Verwaltung mehr oder es entstehen Doppelstrukturen (dann ändert sich eigentlich nichts, es stellt sich aber die Sinnfrage)
    – Für Gremiensitzungen auf Fakultätsebene bei zwei Standorten fallen künftig Fahrzeiten und -kosten an
    – die kleinen Fächer (v.a. in der Phil) verlieren nochmals deutlich an Gewicht
    – Es gibt eine zusätzliche Verwaltungsebene, die Departements. Was das mit Verwaltungsvereinfachung zu tun hat, bleibt mir erstmal schleierhaft.
    Weil meine prophetischen Fähigkeiten begrenzt sind weiß ich nicht, ob die negativen Folgen eintreten. Vielleicht läuft ja auch alles gut und wir kriegen die beste Uni der Welt.

  6. Aus Sicht der Phil II sehe ich durchaus positive Effekte bei der Fakultätenzusammenlegung. Die Bilokalität (EWF in der Regensburger Str. in Nbg.) wird aber natürlich ein Problem werden – das ist klar. Finde aber, dass die Behandlung der kleinen Fächer an der neuen PhilFak sogar besser sein kann – hängt alles von den Entscheidungsträgern ab. Ich denke nicht, dass man an der derzeitigen Phil II davon sprechen kann, dass kleine Fächer benachteiligt sind.

    Departments müssen/sollen keine Doppelstrukturen schaffen. Größtenteils sollen die Departments ja die Verwaltungsebene der Institute ersetzen. Das ist aber noch nicht ganz raus soweit ich weiß.

  7. Mann, Mann, Mann, ich bin doch sehr ueberrascht, dass die Abstimmung im erweiterten Senat doch deutlich mehr Ja- als Nein-Stimmen ergeben hat 🙁
    Da wir aber bald – wie Philipp schon angemerkt hat – die „beste Uni der Welt“ sind, wird das wohl von der Geschichtsschreibung als klug gewuerdigt werden.

  8. was die Standorte betrifft: da sollte langfristig wohl wirklich dran gearbeitet werden dass eine Fak auch möglichst an EINEM Standort steht. Entsprechende Umzugspläne gibts zwar schon länger als ich an dieser Uni bin – aber dafür müsste man die Juristen in die EWF verfrachten (die auch net direkt neben der WiSo liegt) und die EWF in die JurFak packen – ich sag mal das könnte ne seeeehr langfristige Angelegenheit werden.

    Ansonsten:
    WENN man eine vernünftige Departmentstruktur hinbekommt (und denen auch genügend Freiräume gibt) dürfte sich die Marginalisierung kleinerer Fächer in Grenzen halten.
    Aus Sicht der Geisteswissenschaften ist natürlich bedenklich dass 4 geisteswiss. Faks nun nur noch eine statt bisher 4 Stimmen haben (also statt 4/11 nur noch 1/5).
    Trotz allem habe ich schon ein gewisses Verständnis für die Reform selbst – 11 Faks waren halt schon verflixt viel – und wie schwer sich eine Uni mit 11 Dekanen reformieren lässt hat grade diese Reform ja gezeigt.

    Letztlich ist es ohnehin aber nun egal ob man diese Reform gut fand oder nicht – inzwischen gehts nur noch drum das Beste draus zu machen…

  9. Ich habe munkeln gehoert, dass es an der WiSo einen Neubau gibt, in den – so sagt man – die Juristen auch noch hineinpassen. Diese in die sehr baufaellige EWF abzuschieben waere auf jeden Fall ziemlich fies :-O
    Wenn die ZUV entschliesst, dass nur wegen der Zusammenlegung etwas neu gebaut werden muss, spraeche das noch zusaetzlich gegen die Zusammenlegung, schliesslich gibt es eine Menge Gebaeude, die eine Renovierung dringend benoetigen und mit Verweis auf Geldmangel weiter rotten, wie zum Beispiel die Chemie am Suedgelaende. Diese wirklich dringenden Baumassnahmen wuerden dann weiter nach hinten geschoben.

  10. Nun ja, das ist äußerst fragwürdig, wenn nicht sogar ausgeschlossen. Se. Mag. der Rektor meinte, frühestens in 15 Jahren könnte über einen entsprechenden Neu-/Anbau nachgedacht werden. Solange soll am Flughafen ein Konferenzraum als Ort für die Gremiensitzungen dienen. Ich glaube dass eine Synergie unter diesen Umständen nur schwer zu erreichen ist. Aber das kann der Rektor bstimmt besser beurteilen … (ich kann mich hier jetzt nicht weiter äußern, sowenig als ich es will. So steh ich hier und kann nicht anders, Gott helfe mir!).

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