Am 4. November fand der 270. Dies academicus statt, an dem die Universität ihre Gründung feiert und auch auf das vorherige Jahr zurück blickt. Dazu nachfolgend die Rede des studentischen Vertreters Thorsten Wißmann:
Liebe Angehörige der Universität,
Liebe Gäste,
ich möchte Sie gerne alle von studentischer Seite zum 270. Jahrestag unserer Universität begrüßen und in wenigen Worten vorstellen, entlang welcher Wege und auch Umwege wir nach einer so langen Geschichte dort angekommen sind, wo wir uns gerade befinden, und wohin die Entwicklung unserer Universität gehen könnte.
Mit diesem Semester sind wir von einem jahrelangen Umweg zurückgekehrt, auf dem von den Studierenden eine Campusmaut von 500€ pro Semester verlangt wurde. Doch Dank dem Willen des bayrischen Volkes fanden wir zurück in die Freiheit der Bildung. Hier in Erlangen konnten wir sogar mit einer Beteiligung von 22% den Spitzenwert unter allen Landkreisen und Städten erreichen, dicht gefolgt von Erlangen-Höchstadt. Das zeigt in beeindruckender Weise, dass sich die Erlanger Bürgerinnen und Bürger für freie Bildung und gegen finanzielle Barrieren im Bildungssystem einsetzen, und dass Studiengebühren der falsche Weg sind, um Löcher im Haushalt der Hochschulen zu stopfen.
Hand in Hand mit der Abschaffung wurde auch die vollständige Kompensation der wegfallenden Mittel aus dem Staatshaushalt erreicht. Wir brauchen also keinerlei Angst haben, dass weniger Mittel als in den Semestern zuvor zu Verfügung stehen und können Tutorien, Sprachkurse oder andere Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre im gleichen Maße wie bisher finanzieren.
Gut, der ein oder andere wundert sich vielleicht an dieser Stelle, warum es dieses Semester trotzdem weniger Mittel für Tutorien und ähnliches gab, und fragt wo das ganze Geld hin ist. Ich habe sogar schon falsche Gerüchte gehört, dass es wegen der Abschaffung weniger Geld für Übungen gäbe. Um alle Gerüchte zu beseitigen, würde ich das gerne klarstellen: Das Problem ist, dass die Universität in den letzten beiden Semestern Studienbeiträge im Millionenhöhe zuviel ausgegeben hat. Und nun müssen wir mit den Kompensationsmitteln erst einmal die roten Zahlen kompensieren um den Weg aus den Schulden zu finden. Das war leider ein weiterer Umweg, der dafür sorgte, dass es dieses Semester in vielen Fächern zu wenig Tutorien gibt. Aber da müssen wir – Dozierende und Studierende – leider durch.
Gleichzeitig gehen wir ab diesem Semester den Weg der Studienzuschüsse und freuen uns darauf, auch in Zukunft unsere studentische Perspektive in den neuen Studienzuschusskommissionen einbringen zu können, um gemeinsam mit Dozierenden unsere Universität zu gestalten und für eine sinnvolle Verbesserung der Studienbedingungen sorgen zu können. Gerne hätten wir die – im bayerischen Hochschulgesetz festgelegte – paritätische Besetzung der Gremien aus Studierenden einerseits und Dozierenden andererseits ohne Einschränkungen weitergeführt; einfach, da sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, wie wichtig es ist, dass Entscheidungen unter Beteiligung der Studierenden und Dozierenden gefällt werden – gerade dann, wenn diese zwei Parteien direkt von den Auswirkungen betroffen sind. Es erschließt sich uns deshalb nicht, weshalb es neuerdings einen nicht genau definierten Sondertopf gibt. Er umfasst 1 Mio € Studienzuschüsse und über ihn wird ohne die Beteiligung von Dozierenden und Studierenden entschieden. Das ist ein kleiner Wermutstropfen der Zuschüsse, aber immerhin *sind* die Gebühren abgeschafft.
Abgeschafft bleiben sie eigentlich auch, wäre da nicht ein neuer Trend: berufsbegleitende kostenpflichtige Masterstudiengänge, wie sie bereits an mehreren Fakultäten geplant sind. Diese Abzweigung auf der Entwicklung der Uni in die Zukunft sind wir mit den Studiengebühren schon einmal gegangen. Jedoch entspricht es überhaupt nicht dem Willen des Volkes Gebühren in jetzt noch horrenderen Beträgen von Studierenden einzufordern! Deshalb möchte ich an Sie alle appellieren, solche kostenpflichtigen Studiengänge in Ihren Fakultäten und Departments nicht zu fördern! Es wäre schade, wenn wir das Gut der freien Bildung für diese Studiengänge wieder verlieren.
Bitte lassen Sie sich bei diesen Studiengebühren 2.0 nicht von der davon unabhängigen strukturellen Unterfinanzierung der Universitäten beeinflussen, die Sie zur Zeit an vielen Stellen unseres Campus sehen können. Die Schließung der Kochstraße 4 und die Berichte über PCB-Belastungen in der Bismarckstraße sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Schließung des Kochstraßen-Gebäudes ist nicht plötzlich oder unabsehbar passiert. Allen die dort arbeiten und studieren ist seit langem klar, dass das Gebäude seit mehreren Jahren sanierungsbedürftig ist. Dass dies so lange ignoriert wurde bis Gefahr für Leib und Leben bestand, ist jetzt für alle die schlechtest denkbare Situation. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort studieren und arbeiten, dürfen seit Monaten ihre Arbeitsräume nicht mehr betreten und für den Freistaat wird die Sanierung erheblich teurer als eine rechtzeitige Sanierung. Schließlich muss jetzt alles schnell gehen.
Ein solcher vermeidbarer Fall darf sich deshalb nicht wiederholen. Die Staatsregierung, Universitätsleitung und alle Universitätsangehörigen müssen jetzt gemeinsam an einer langfristigen Lösung arbeiten. Die Staatsregierung muss endlich genügend Geld für die Sanierung der Gebäude bereitstellen und wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass diese Mittel zunächst dafür eingesetzt werden, die dringend notwendigen Sanierungen durchzuführen, und zwar egal, an welcher Fakultät Bedarf ist. Beim Bauunterhalt darf es eben nicht um Schwerpunktsetzungen und Profilierungen der FAU gehen, sondern es muss ein gefahrloses Arbeiten und Studieren für die gesamte Universität sichergestellt werden.
Lassen Sie uns also den Weg gehen, der für alle Fakultäten langfristig der beste ist. Gerne arbeiten wir Studierende an diesem Projekt mit. Noch tatkräftiger könnten wir unsere Universität natürlich unterstützen, wenn Bayern von einem weiteren Umweg zurückfinden würde und wir als Studierendenschaft endlich wieder verfasst wären. Alle anderen Bundesländer haben gezeigt, dass dies möglich ist; deshalb hoffen wir das auch für Bayern, damit sich unsere Uni durch lebendiges Zusammenarbeiten der Studierendenschaft und der Dozierenden erfolgreich weiterentwickeln kann.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Schön, dass hier Klartext gesprochen wurde, auch wenn das dem ein oder anderen vielleicht nicht geschmeckt hat.