Millionenbetrag wird ohne Gremienbeteiligung ausgegeben. Studentische
Gremienmitglieder treten zurück.
Mit der Einführung der Studiengebühren wurden gesetzlich
vorgeschriebene Gremien etabliert, um Professorinnen und Professoren
aller Fakultäten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende an
der Entscheidung über die Verwendung der Gelder zu beteiligen. Durch
diese vielfältige Zusammensetzung arbeiten Expertise und Fachkompetenz
zusammen, um eine gerechte und bedarfsorientierte Vergabe der Gelder zu
erreichen. Die Studienzuschüsse haben mittlerweile die Studiengebühren
ersetzt. Die bewährte Gremienstruktur ist laut Gesetz jedoch
unverändert geblieben, somit auch die paritätische Beteiligung der
Studierenden.
“In diesem Semester spielt die Universität mit unfairen Mitteln: Über 9
Prozent der Mittel — ein Betrag von etwa 2 Millionen Euro pro Jahr —
entscheidet die Universitätsleitung de facto alleine, an den Gremien
vorbei”, führt Tobias Langer, Mitglied im ZGS und studentischer
Sprecherrat, aus. Grundlage dafür ist ein Senatsbeschluss, der gegen
die Stimmen aller studentischen Senatsmitglieder erlassen wurde.
“Dadurch will die Universitätsleitung die Beteiligung aller Betroffenen
aushebeln. Das ist aus unserer Sicht nicht nur falsch, sondern auch
rechtlich fragwürdig”, so Langer weiter. Die Universitätsleitung
scheint selbst Bedenken über die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens zu
haben. “Anders können wir uns nicht erklären, weshalb sie ihren
Beschluss, das Votum des ZGS zu übergehen, knapp zwei Monate zu
verschleiern versucht hat. Am 27. März hat sie darüber beschlossen,
erst gestern, am 21. Mai, wurde das zuständige Gremium davon in
Kenntnis gesetzt. Und das obwohl dem ZGS das Recht auf Stellungnahme
einzuräumen ist”, wettert Bernhard Heinloth, langjähriges Mitglied des
ZGS. “Dabei haben wir uns im Vorfeld mehrmals intensiv um eine Einigung
in persönlichen Gesprächen bemüht — leider vergebens”
Zu Zeiten der Studiengebühren regelte das Bayerische Hochschulgesetz,
dass 9 Prozent der Gelder in einen separaten Topf für Verwaltung (5
Prozent der Gesamtsumme), Elitenförderung und Sicherungsrücklagen (je 2
Prozent) abgeführt werden müssen. Mit der Umstellung auf
Studienzuschüsse sind diese Verpflichtungen weggefallen. Trotzdem will
die Universitätsleitung der FAU weiterhin 9 Prozent der Gelder von
vorneherein einbehalten. Mit diesen 9 Prozent sollen in Zukunft neben
der in verringertem Umfang weiterhin anfallenden Verwaltungsarbeit (nun
etwa 2 Prozent) umstrittene Projekte bezahlt werden. Diese wurden
bisher intensiv, aber letztlich sehr fruchtbar im ZGS bearbeitet. “Die
Universitätsleitung hat sich für diesen sog. Vorabzug genau die Anträge
ausgesucht, die in der Vergangenheit am kontroversesten diskutiert
wurden. Wenn wir nur noch vorausgewählte, unstrittige Anträge abnicken
dürfen, sind wir nichts weiter als wirkungslose Marionetten. Das kommt
einer Abschaffung des Mitspracherechts gleich”, kritisiert Johannes
Schilling, Mitglied im ZGS und stellvertretender Vorsitzender des
studentischen Konvents. “Mir ist immer noch schleierhaft, warum sich
die Universitätsleitung vor der Beratung durch bewährte Expertise
fürchtet”.
Die Studierenden sind entschlossen, sich nicht zu beugen und erwägen
gegebenenfalls auch rechtliche Schritte, um das Mitspracherecht für
Professorinnen und Professoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie
Studierende zurückzuholen. Als erste Reaktion auf das Vorgehen der
Universitätsleitung reichten am gestrigen Mittwoch mehrere studentische
Mitglieder des ZGS ihren sofortigen Rücktritt persönlich beim
Präsidenten der FAU ein. In ihrem Rücktrittsschreiben stellten sie
klar, dass sie unter diesen Umständen im ZGS nicht mehr als eine
Fassadenbeteiligung sähen und dafür nicht weiter zur Verfügung stünden.
Die Pressemitteilung und Rücktrittserklärung im PDF-Format
Da der Text recht lange ist, fass ich mal zusammen:
– Laut Gesetz müssen die Studierenden bei der Verwendung der Gelder (abzüglich Verwaltungskosten) paritätisch beteiligt werden.
– Die höchste Ebene dieser paritätischen Beteiligung ist das ZGS, wobei auch dort bei einer Patt-Situation, z.B. alle Professoren gegen alle Studierenden im Gremium, der/die Vorsitzende entscheidet, grundsätzlich also die Professorenseite.
– Die Hochschulleitung hat selbst diese quasi-paritätische Beteiligung schon bisher regelmäßig übergangen, indem einzelne Anträge trotz gegenteiligem Votum des ZGS finanziert wurden.
– Durch einen hoch angesetzten Vorabzug kann die Hochschulleitung im großen Stil die Gelder ausgeben, ohne die Studierenden dabei auch nur anhören zu müssen. Dieser Vorabzug wird aber durch das ZGS, also mit quasi-paritätischer Beteiligung der Studierenden, festgelegt.
– Wenn der Senat das Votum des ZGS bzgl. des Vorabzugs überstimmt, dann ist das eine klare Verletzung der paritätischen Beteiligung; denn der Senat ist ja keineswegs paritätisch besetzt.
So könnte der Senat bei der nächsten Sitzung auch beschließen, dass der Vorabzug nun 100% beträgt, und die Gelder könnten frei ohne studentische Beteiligung ausgegeben werden.
Das ZGS ist damit ein Gremium, das den Studierenden viel Arbeit beschert, wobei dann im Ernstfall diese Arbeit gerne über den Haufen geworfen wird. Die aktuellen Umstände manifestieren nun eine Herangehensweise, die in den letzten Jahren stets als „geringfügige Ausnahmen“ kleingeredet wurde. Dass die Studierenden das Theaterstück nicht mehr mitspielen und zurücktreten, ist nur konsequent.
Ich möchte noch etwas ergänzen, da in der Pressemitteilung soweit ich das sehen kann ein Fehler enthalten ist. Im Bayerischen Hochschulgesetz war in keiner Fassung ab 2006 die Rede von einem Vorabzug, Eliteförderung oder dergleichen. Nur, dass die Universitäten sich verpflichten, bis zu 10% an den Sicherungsfonds für Studiendarlehen (außeruniversitär) abzugeben. Die 9% kommen also auch historisch betrachtet nicht aus dem Gesetz.
Auch die 9%, die jetzt als maximaler Vorabzug in der Satzung stehen, sind hausgemacht und können durch den Senat, der diese Satzung verabschiedet, entspr. geändert werden.
…und verfasst, mit AStA, könnte man das wohl auch judikativ lösen, gegen den Willen der exekutiv-legislativen Uni-Leitung. So bleibt’s leider bei Symbolhandeln und einer kritischen Zeitungsnotiz…
Die UL hat dazu gestern folgendes Presse-Statement veröffentlicht:
Und die Erlanger Nachrichten haben heute einen Artikel zum Thema abgedruckt.
Kleine Anmerkung meinerseits zu dem Statement der UL:
Die Aussage, dass die Aktion „unagekündigt“ war, ist in meinen Augen reichlich lächerlich. Und in wie weit man unter einem konstruktiven Dialog konnte ich dieses Jahr leider nichts erkennen.
Da die Informationen sonst gut versteckt sind, hier die Aufteilung der Kosten im Vorabzug (jährlich):
Die studentische Kritik zu StudOn, ZIEW usw kann den Stuve-Protokollen der Vorjahre entnommen werden. Außerdem wurde diskutiert, ob ZfL und QM (insbesondere im Zuge der notwendigen Akkreditierung) tatsächlich eine Verbesserung der Lehre darstellt oder eher Grundausstattung ist (und somit rechtlich gesehen aus anderen Geldmitteln finanziert werden müsste).