Am 09.01.07 traf sich im Hörsaal 2 der Zahntechnik eine illustre Gesprächsrunde, um über das Thema “Qualitätsmanagement in den Wissenschaften” zu diskutieren. Da ich wie einige andere Besucher den Eingang durch den Vorbereitungsraum hindurch nicht sogleich gefunden habe, bekam ich die Eröffnung und die Begründung, warum der eingeladene Gast des Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung nicht da sein kann, nicht mit. Aber das sollte ja der Diskussion keinen Abbruch tun.
Los ging es damit, dass jeder der noch verbliebenen Gäste der Gesprächsrunde vom Moderator aufgefordert wurde, seine Meinung zum Thema kundzugeben, bevor die Diskussion untereinander losgetreten und auf die Fragen des Publikums eingegangen werden sollte.
Den Anfang machte Prof. Weckenmann mit einer Definition davon, was in der Wirtschaft unter Qualitaetsmanagement (QM) verstanden wird. Haupttenor war, dass damit die Kundenzufriedenheit durch gesteigerte Produktqualitaet verbessert werden soll. Als Kunde der Universität sah er nicht den anlässlich von Studienbeiträgen oft beschworenen Studenten, sondern die Wirtschaft, die Absolventen der FAU “abnimmt”. Und diese muss mit dem Ausbildungsstand der Studenten natürlich zufrieden sein, um diese nach dem Studium einzustellen.
Weiter ging es mit den Ausführungen von Prof. Steinrueck, einem Mitglied der Universitätsleitung. Dieser legte dar, worin die Anforderungen von außen an die Universität bestehen. Zuallererst gibt es selbstverständlich Vorgaben der bayerischen Staatsregierung, was den Ressourceneinsatz an der Universität anbelangt. Ein weiterer Punkt sind laufende Bewertungen von außen in Form diverser Rankings und Evaluationen. Auch die Mittelverteilung zwischen den bayerischen Hochschulen wird per Ranking erledigt. Als Nachteil wurde genannt, dass eine Hochschule auf eine Zahl als Bewertungseinheit zusammengestaucht wird , was offensichtlich nicht immer für einen fairen Vergleich sorgen wird, je nachdem welche Kriterien wie mit einbezogen werden. Da man als Hochschule aber nicht drum rum kommt, ist es wichtig, sich an diese Rahmenbedingungen anzupassen, um möglichst gut dazustehen.
Durch Prof. Fleckenstein wurde drauf hingewiesen, dass wissenschaftliche Originalität nicht bewertet werden kann. Wichtig für ihn sei es, dass gute Wissenschaftler Freiräume haben und nicht durch Selbstverwaltung und Lehre blockiert werden. Als Vorschlag brachte er Anreizsysteme wie sie in den USA verbreitet sind, die Brillanz in der Forschung begünstigen und nicht versuchen einen komplett durchorganisierten Erfolg zu erreichen. Auch Prof. Fleckenstein machte noch einmal deutlich, dass es große Unterschiede ausmacht, welche Impaktfaktoren zu einer Bewertung herangezogen werden. Er unterstrich dies auch anhand eines Beispiels, welch große Abweichungen teilweise zwischen Statistiken der DFG und Statistiken des Wissenschaftsrats bestehen. Deswegen ist es wichtig, die notwendige Sorgfalt bei Betrachtung bibliometrischer Daten (d.h. Anzahl Veröffentlichungen, Zitierhäufigkeit von Arbeiten, usw.) walten zu lassen und die gewonnenen Bewertungsdaten immer nur innerhalb eines System anzuwenden.
Den Abschluss der Plädoyers der geladenen Gäste machte Frau Prof. Habermann. Sie ging auf die Problematik der Geisteswissenschaften ein, Qualitätskriterien zu definieren. Ziel der Geisteswissenschaften sei ihrer Meinung nach Fragen für die Zukunft aufzuwerfen und einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen. Die Geisteswissenschaften haben also kein konkretes Produkt, das sie an den Kunden bringen können, wodurch es auch schwer fällt Bewertungskriterien zu finden und zu definieren, worin Kundenzufriedenheit besteht. Ihr Appell war, dass größeres Vertrauen in die wissenschaftlichen Mitarbeiter notwendig ist, um auch die Identifikation mit der Universität zu fördern. Gleichzeitig ging sie darauf ein, dass Qualität nicht bei Mängelwirtschaft eingefordert werden kann und aufgrund mangelnden Personal wichtige Zeit für die Forschung fehlt.
Die einzelnen Punkte der darauf folgenden Diskussion möchte ich dann hier nur kurz in Stichpunkten aufzählen:
- noch zu wenig Verständnis zwischen den Disziplinen
- Bewertung unterschiedlicher Merkmale, eine Maßzahl kann nicht ausreichen
- Vielfalt der Fächerkultur soll gewahrt werden
- langfristige Forschung darf nicht an schneller wirtschaftlicher Umsetzbarkeit bewertet werden
- Problemlösungen oft aus Grundlagenforschung
- unterschiedliche Fächerkultur macht unterschiedliche Bewertungen notwendig
- QM als alleinige Erfolgsgarantie kann zu einer Gefährdung der zweckfreien Grundlagenforschung führen
- Bewertungskriterien bei Forschungsanträgen und Rankings müssen genau geprüft und gegebenenfalls verbessert werden
Als große Gefahr wurde gesehen, dass junge Wissenschaftler strategisch planen und lieber frühzeitig kurzfristige Ergebnisse veröffentlichen anstatt langfristige Forschung aufzunehmen aus Angst vor der eigenen Zukunft.
Die anschließenden Fragen aus dem Publikum wurden nur kurz beantwortet, da die Zeit doch schon weit fortgeschritten war. Dort wurde u.a. aufgeworfen, dass die Organisation der Universität zu starr ist, um selbst genug Handlungsspielraum zu haben, wenn es Maßnahmen des QM erfordern.
Mit den offenen Fragen, ob die Wissenschaftler immer transparent nachvollziehen können wer sie wie evaluiert, ob ein universell gebildeter Mensch überhaupt messbar ist und ob das Ziel der Universität ist zu bilden oder ob sie in Zukunft zu einem reinen Ausbildungsbetrieb verkommen wird, endete dieser Abend.
Aus meiner Sicht betrachtet, waren es interessante zwei Stunden, in denen aber erwartungsgemäß keine großen Lösungsvorschläge hervorgebracht worden sind. Es wurden aber trotzdem einige gute Ansätze aufgeworfen, die in Zukunft genauer betrachtet und verfolgt werden sollten.