Wer länger hochschulpolitisch aktiv ist, bekommt von Zeit zu Zeit das ernüchternde Gefühl, dass man ja eigentlich eh nicht viel ändern kann – zu übermächtig erscheint die Konkurrenz, egal ob Unileitung oder Bayerische Staatsregierung. Dass sich Engagement aber trotzdem lohnt, und dass wir Ziele auch erreichen können, dafür war das Volksbegehren für die Abschaffung der Studiengebühren im Januar 2013 ein gutes Beispiel.
Nun ist seit der endgültigen Abschaffung zum Wintersemester 2013/14 ein Jahr vergangen – Zeit für eine erste Bilanz:
Die wegfallenden Studiengebühren würden – da war sich Unipräsident Grüske sicher – nicht vom Staat kompensiert werden; eine massive Verschlechterung der Studienbedingungen sei die logische Folge. Doch die gemeinsame Forderung von Studierenden und Unileitung wurde im wesentlichen befolgt – die wegfallenden Gelder wurden vollständig durch die neu eingeführten Studienzuschüsse ersetzt – und sowohl die Zweckbindung an die Verbesserung der Studienbedinungen als auch die studentische Mitbestimmung blieb erhalten.
Auch heute werden Studiengebühren vom Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz als “ „verlässliches“ bundesweites Konzept, das nicht nach Regierungswechseln in den Ländern stets infrage stehe“, bezeichnet. Wie verlässlich die Gebühren waren zeigte der 22.10.2012, als das bayerische Verfassungsgericht völlig überraschend das Volksbegehren zugelassen hatte, obwohl das bayerische Innenministerium die Rechtmäßigkeit bestritten hatte. Nur einen Tag später kippte die CSU um und im Januar 2013 sorgten 1,35 Mio. Unterschriften für das erfolgreichste Volksbegehren in der bayerischen Geschichte.
Im Gegensatz dazu sind die Studienzuschüsse sehr sicher finanziert – sie werden nämlich auf zwei Jahre im Haushalt festgeschrieben und werden damit so sicher gezahlt wie das Gehalt von Staatsbediensteten und andere staatliche Leistungen.
Ein beliebtes Argument, mit dem uns Studiengebühren immer wieder als positiv verkauft werden sollten, war das der Mitbestimmung. Seit der Einführung der Gebühren hätten wir so viel wie noch nie an der Uni mitzureden, wir seien ja an der Entscheidung über die Verwendung der Gebühren paritätisch beteiligt. Zum einen haben wir nie verstanden warum es ein Mehr an Mitbestimmungsrechten darstellen soll, wenn ein/e gewöhnliche/r Student/in indirekt Leute bestimmen darf, die über die Verwendung des Geldes, das man selbst bezahlen musste, zum Teil mitreden darf. Hinzu kommt noch, dass die gewählten Studierenden im Zentralen Gremium für die Verwendung der Studiengebühren (ZGS) im Zweifel ohnehin immer wieder übergangen wurden.
Zudem zeigt die Zeit nach der Abschaffung der Gebühren, dass die (wenn auch schwachen) Mitbestimmungsrechte zumindest auf dem Papier auch für die Studienzuschüsse weitergelten. Leider hat unsere Unileitung aber durchgedrückt, dass die Mitbestimmung für besonders strittige Fälle dennoch abgeschafft wird, was im Juni 2014 zum Rücktritt studentischer Mitglieder des ZGS führte.
Wer jetzt entgegnet, dass Studiengebühren ja schon irgendwie hilfreich seien, um die offenkundige Unterfinanzierung der Hochschulen auszugleichen, und beispielsweise Mängel beim Zustand der Gebäude anführt, der sollte sich nochmal ansehen, wofür Studiengebühren eingesetzt werden durften. Sie waren zur „Verbesserung der Studienbedingungen“ da, was eine Aufrechterhaltung ebendieser oder gar eine Sanierung der Gebäude klar ausschließt. Dass an dieser Stelle viel mehr Geld vonnöten wäre, ist sicher richtig, hat aber rein gar nichts mit dem Wegfall der Studiengebühren zu tun.
Schlussendlich bleibt nach einem Jahr ohne Studiengebühren die Freude über das erreichte Ziel, der Dank an alle die damals mit für die Abschaffung gesorgt haben und die Erinnerung an viele lustige und wichtige Aktionen. Außerdem ist die Finanzierung des Studiums seitdem für viele ein gutes Stück einfacher (ich habe seitdem einen Nebenjob weniger). Und: Seit diesem Semester ist Deutschland mit der Abschaffung der Gebühren in Niedersachsen wieder komplett gebührenfrei!
Doch die Freude wird getrübt, wenn man die Forderungen nach Wiedereinführung der Studiengebühren, nur Wochen nach der endgültigen Abschaffung, sieht. Egal ob nachgelagerte Gebühren, wie von der Hochschulrektorenkonferenz gefordert, oder Gebühren für Nicht-EU-AusländerInnen, von denen der Präsident der TU München träumt – sie bleiben eine unsoziale Campusmaut!