Vorträge zur „Flüchtlingskrise“

Weltflüchtlingsmacht Deutschland
22.10. > Villa Leon, Nürnberg

Fluchtursache Armut: z.B Westbalkan
26.10. > Sprecherratsgebäude, Erlangen
27.10. > Desi, Nürnberg

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VORTRAG & DISKUSSION NÜRNBERG

Weltflüchtlingsmacht Deutschland

Die Republik spendiert sich wieder einmal ein „Sommermärchen“ (allgemeiner Pressetenor). Die Regierung lässt Flüchtlinge ins Land und die kommen in hellen Scharen; Merkel ist „stolz“ auf einheimische Bürger, die bei der Versorgung der auf Bahnhöfen ankommenden Elendsgestalten mithelfen. Die Kanzlerin erklärt, dass Deutschland sich das „freundliche Gesicht“ schuldig sei, das es Menschen in Not neuerdings zeigt; Einspruch gegen diese „Willkommenskultur“ angesichts der Lasten und Probleme, die mit der Masseneinwanderung auf Kommunen, Verwaltung und die Staatskasse zukommen, lässt sie nicht gelten: „Wir schaffen das!“

Das Urteil über diese Wende der deutschen Asylpolitik und der regen Volksbeteiligung daran ist in einer Hinsicht einhellig: Einheimische und internationale Wortmeldungen sind sich – ob sie das nun positiv oder negativ sehen – sicher, dass hier die Moral über die Politik, Humanismus und Menschenrecht über nationale Interessen und ökonomisches Kalkül gesiegt haben.

Die einen finden das sehr gut: Endlich widmet sich die Politik ihrer vornehmsten, nie ernst genommenen Aufgabe und kümmert sich berechnungslos um Menschen, die dringend Hilfe brauchen – anstatt sie durch Abschottungspolitik fernzuhalten, sie als Last oder nur nach ihrem ökonomischen Wert zu taxieren. Die „Refugees welcome“-Bewegung und „Pro Asyl“ wissen nicht recht, ob sie ihr Ziel erreicht, nämlich die Bundesregierung zum Partner für eine „Welt ohne Grenzen“ gewonnen haben, oder ob sie der nationalen Selbstlosigkeit, die sie mögen, nicht trauen dürfen.

Die anderen finden das furchtbar: Sie werfen Merkel vor, das deutsche Volk zu verraten und einem internationalen Gutmenschentum zu opfern. Britische Zeitungen erklären sie zur Chefin eines „Hippie-Staats“, der sich von Emotionen statt von verständigen Nationalinteressen bestimmen lässt: Es sei verantwortungslos, Mitleid zur Leitlinie des Staatshandelns zu machen.

Dass die Regierung nach einer Woche offener Grenzen dazu übergeht, die Flüchtlingsströme wieder zu kanalisieren und die Migranten – strenger sogar als vorher – in berechtigte und unberechtigte Bewerber zu sortieren, beklagen die einen als Abkehr von den guten Werken der Flüchtlingsbetreuung, die das reiche Deutschland sich doch leisten könnte und sollte; die anderen begrüßen dasselbe als spätes Eingeständnis, dass Merkels Einladung an die Mühseligen und Beladenen dieser Welt eben doch ein politischer Blackout gewesen ist.

Den entgegengesetzten Stellungnahmen entgeht eines: Wenn eine Macht wie Deutschland Flüchtlingen hilft, wenn sie Verantwortung für entwurzelte Millionen von Migranten beansprucht und übernimmt und sich selbst zu ihrer Schutzmacht beruft, dann ist diese Hochherzigkeit ein Stück Imperialismus – und nicht etwa Moral statt Staatskalkül. Mit dem globalen Flüchtlingsproblem betreibt die deutsche Regierung nationale, europäische und Weltpolitik. Sie krempelt dafür und damit ihr Land um, verpflichtet die europäischen Nachbarn auf ihren weltpolitischen Zuständigkeitsstandpunkt und mischt sich in die Kriegs- und Gewaltfragen der Weltmächte ein, denen sie vorwirft, die Flüchtlingsströme zu erzeugen.

Wie immer er seine Formel genau gemeint haben mag, mit dem Vorwurf des „moralischen Imperialismus“, dem seine Nation durch Deutschland unterworfen werden soll, hat der ungarische Premier Viktor Orban schon etwas getroffen.

Vom imperialistischen Charakter der guten Tat handelt unsere Veranstaltung.

Ein Vortrag mit Redakteuren der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt.

Donnerstag, 22. Oktober 2015, 19:15 Uhr (!),
Villa Leon, Philipp-Koerber-Weg 1, Nürnberg


DISKUSSIONSVERANSTALTUNGEN

Fluchtursache Armut: Z.B. Westbalkan

Albaner, Kosovaren und Montenegriner können sich freuen, hat ihnen doch die Bundesregierung bescheinigt, dass sie in einem „sicheren Herkunftsland“ leben. Wofür es diese Neueinstufung braucht, daraus macht das deutsche Kabinett kein Geheimnis, es stellt klar: Leute, die aus dem Kosovo, Albanien oder Montenegro nach Deutschland fliehen, sind kein Fall für das Asylrecht, haben deswegen keine Chance auf ein Bleiberecht und sollen deswegen gar nicht nach Deutschland kommen. Davon, dass die Leute dort allen Grund haben, aus ihren Heimatregionen abzuhauen, weil sie nicht wissen, wie sie dort überleben sollen, geht diese Neueinstufung aus. Die Bundesregierung taxiert mehr oder weniger den ganzen Westbalkan als ein Armenhaus und rechnet damit, dass er das auf lange Sicht auch bleiben wird. Nur, wieso ist das eigentlich so klar, dass aus einer Region mit lauter Leuten, die nichts lieber wollen, als sich einen Lebensunterhalt zu erarbeiten, nichts wird?

*

Kundige Leute beantworten die Frage so, dass daran die dort herrschenden politischen Sitten schuld seien, nämlich flächendeckende Korruption, Vetternwirtschaft und symbiotische Beziehungen zwischen Politik und organisierter Kriminalität. Allerdings drängt sich bei all den angeführten Phänomenen der Verdacht auf, dass sie selber Umgangsweisen damit sind, dass in diesen Ländern ein nennenswertes Erwerbsleben nicht stattfindet, sodass der Zugang zu Einkommensquellen unmittelbar einer ist, den einem die politische Macht verschafft. So setzen solche Erläuterungen genau das bereits voraus, was doch zu erklären wäre: worin genau die ökonomisch trostlose Lage dieser Länder besteht und was die mit der Gewissheit sowohl der Regierenden dort als auch der die „Wirtschaftsflüchtlinge“ Abweisenden hier zu tun hat: Dass die Betroffenen, also die ‚normalen‘ Bewohner dieser Länder auf jeden Fall nichtsdaran ändern können.

Montag, 26. Oktober 2015, 19:15 Uhr, 
Sprecherrat, Turnstr. 7, Erlangen

Dienstag, 27. Oktober 2015, 20:15 Uhr, 
Desi, Brückenstr. 23, Nürnberg